Zarte Fakten: Warum wird Hello Kitty so geliebt?
Kitty-chan verkörpert das kawaii-Ideal, dem viele Japanerinnen anhängen: Kindlich, rein, sanft, weich, ohne Ecken und Kanten. (Die Endung "chan" verwendet man im Japanischen für die Anrede kleiner Mädchen, aber auch für größere Mädchen jenseits der 30, denen es nicht niedlich genug sein kann). Ein weibliches Wesen, das etwas auf sich hält, versucht also, so niedlich zu sein, wie es nur geht. Und an wem orientieren sich sowieso schon niedliche, echte kleine Mädchen? Am Inbegriff der Niedlichkeit � und was ist schon entzückender als eine kleine Katze.
War Kitty zuerst noch auf der anglophilen Welle im Japan der 1970er Jahre als Vermittlerin des englischen Lebensstils für japanische Mädchen aktiv, so wandelte sie sich beständig, war mit fast jeder neuen Mode kompatibel und ist heute, nach 30 Jahren, für Fans jeden Alters attraktiv. Mitte der 1990er Jahre bestimmten zwei Glücksfälle Kittys Zukunft und Langlebigkeit: Die japanische Schlagersängerin Tomomi Kahara war während ihrer kurzen, aber intensiven Zeit als Medienstar mit ihren heiß geliebten Kitty-Accessoires Konsumvorbild für ungezählte Teenager. Und dann hatte Sanrio 1996 das richtige Gespür, vor den Sanrio-Outlets die damals in Japan gerade populär werdenden Print Club Foto-Automaten aufzustellen. Besonders junge Mädchen nutzen die Automaten, um selbstklebenden Minifotos mit zusätzlichen Hello-Kitty-Dekorationen zu machen. Schon in der Konzeption und Umsetzung neuer Ideen ist bei Sanrio die Firma zugleich der härteste Testmarkt 90% der Angestellten in der Firmenzentrale sind weiblich.

Auch in Deutschland beobachtet man seit Jahren eine besondere Form der "Japanisierung". Manga-Mania, Sushi, Design, Zen und die Frisuren neuer Popidole wie Tokio Hotel. In einer Art minimalistischer Ästhetik bietet Kitty zugleich eine außerordentlich flexible Projektionsfläche für globale Modeapplikationen mit höchstem Wiedererkennungswert bei niedrigster Komplexität und kulturell unbefangenem Ubiquitätspotenzial.
Vielleicht werden künftige Archäologen einmal unsere Epoche als (Paläo-)Kitty-Zeit bezeichnen.